Erkrankungen

Polyneuropathien

Polyneuropathien (PNP) sind generalisierte Erkrankungen des peripheren Nervensystems (PNS). Zum PNS gehören alle außerhalb des ZNS (Gehirn, Rückenmark) liegenden Anteile der motorischen, sensiblen und autonomen Nerven, einschließlich der Hirnnerven.

Einteilung

Polyneuropathien können sich akut (wenige Wochen), subakut (über Monate) oder auch sehr langsam schleichend (über Jahre) entwickeln. Es werden verschiedene Verteilungsmuster unterschieden (z.B. längenabhänge Polyneuropathien bei denen die Beschwerden an den Füssen oder Händen beginnen, Schwerpunktneuropathien und Multiplex-Neuropathien). Unterschieden werden ferner sensible, vegetative und motorische Neuropathien, die isoliert oder gemischt auftreten. Von Bedeutung für die Einteilung der PNP ist auch der Ort der Schädigung, z.B. im Kerngebiet der Nerven (neuronal), am Nervenkabel (axonal) oder an den Hüllstrukturen der Nerven wie die Schwann’schen Zellen und Markscheide (demyelinisierend).

Folgende Beschwerden können auftreten und lassen an eine Polyneuropathie denken:

Sensible Reiz- und Ausfallerscheinungen

  • Kribbeln
  • Ameisenlaufen
  • Wärme- und Kälte-Missempfindungen
  • Stechen
  • Elektrisieren
  • Pelzigkeits- und Taubheitsgefühle
  • Gefühl des Eingeschnürtseins
  • Schwellungsgefühle
  • Gefühl des unangenehmen Drucks
  • Gefühl wie auf Watte zu gehen
  • Gangunsicherheit insbesondere bei Dunkelheit
  • fehlende Temperaturempfindung
  • schmerzlose Wunden

Motorische Reiz- und Ausfallerscheinungen

Vegetative Ausfallerscheinungen (Auswahl)

  • gestörte Schweißsekretion
  • trophische Störungen (Haut, Knochen, Gelenke).

Diagnostik

Der Nachweis einer Polyneuropathie gelingt durch die differenzierte neurologische Untersuchung sowie durch die Untersuchung der elektrischen Leitfunktion der Nerven. Auch die Nervensonografie kann wertvolle Informationen liefern.

Häufigkeit

Polyneuropathien sind in ihrer Gesamtheit eine relativ häufige Erkrankung. Man schätzt, dass ca. 3% aller Menschen im Laufe Ihres Lebens eine PNP entwickeln, unter den über 65 Jährigen liegt der Anteil bei bis 8%. Besonderes bei Menschen mit einem Diabetes mellitus besteht ein deutlich erhöhtes Risiko, man nimmt an, dass etwa 50% der Erkrankten im Laufe ihres Lebens eine PNP entwickeln, entsprechend hoch ist der Anteil der diabetischen Neuropathien. Nicht so selten sind auch die erblichen Polyneuropathien mit einer Inzidenz von 1:2500, die damit die häufigste genetisch bedingte neurologische Erkrankung überhaupt darstellt.

Ursachen

Diabetes mellitus (ca. 30-35 %)

Chronischer schädlicher Alkoholkonsum (ca. 10-15 %)

Ungeklärte Polyneuropathien (ca. 20-30 %)

Andere Ursachen (30-40 %)

Nach diesen anderen Ursachen muss insbesondere bei voranschreitenden Polyneuropathien sehr sorgfältig gesucht werden, und es bedarf teilweise einer umfangreichen oder invasiven Diagnostik (einschließlich Haut-, Muskel und Nervenbiopsie), die auch andere Fachgebiete (z.B. Labormedizin, Radiologie, Innere Medizin, Rheumatologie, Hämatologie, Dermatologie, Urologie, Gynäkologie …) mit einbezieht.

Therapie

Die Behandlung einer Polyneuropathie richtet sich in erster Linie nach der Ursache. Darüber hinaus ist es teilweise erforderlich, Schmerzen oder Mißempfindungen gesondert zu behandeln, dafür stehen zahlreiche Medikamente zur Verfügung, die jedoch nicht immer zu einer befriedigenden Besserung der Beschwerden führen, so dass ggf. Kombinationstherapien erforderlich sein können. Es gibt milde, wenig voranschreitende sensible Polyneuropathien die nur einer symptomatischen Behandlung der Mißempfindungen bedürfen. Hingegen müssen andere, voranschreitende Polyneuropathien sorgfältig überwacht oder bei rascher Verschlecherung oder autonomen Symptomen in einer Klinik behandelt werden.

Weiterführende Links

Homepage des Neuromuscular Center der Washington University St. Louis