Eine Depression ist eine ernste, behandelbare psychische Erkrankung, die weit über vorübergehende Traurigkeit hinausgeht. Typische Merkmale sind anhaltende gedrückte Stimmung, Verlust an Interessen und Freude und Antriebsminderung über einen längeren Zeitraum, Schlaf- oder Appetitstörungen, Konzentrations- und Entscheidungsprobleme sowie gelegentlich Suizidgedanken und andere Symptome können ebenfalls auftreten. An einer Depression erkrankte Menschen Personen sind durch ihre Erkrankung meist in ihrer gesamten Lebensführung beeinträchtigt. Depressive Episoden können leicht, mittelgradig oder schwer verlaufen und Menschen aller Altersgruppen betreffen.
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen weltweit. In Deutschland erleben in ihrem Leben viele Menschen mindestens eine depressive Episode; jährlich sind beträchtliche Anteile der Bevölkerung betroffen. Die Wahrscheinlichkeit, irgendwann im Leben an einer Depression zu erkranken liegt in Deutschland wie international auch bei 16-20 %. Depressionen sind die am dritthäufigsten zu Behinderung führenden Erkrankungen. Genaue Zahlen variieren je nach Erhebung, doch Leitlinien und Versorgungsberichte heben die hohe Prävalenz und die große Bedeutung für Gesundheitssystem und Lebensqualität hervor.
Die Entstehung einer Depression ist multifaktoriell, das bedeutet, dass in der Regel mehrere Teilursachen zusammenkommen, und zwar biologische, psychologische und soziale Faktoren, die miteinander interagieren. Biologisch spielen Neurotransmitter-Dysbalancen, Veränderungen in neuronalen Netzwerken (z. B. präfrontal-limbische Schaltkreise) und Stressachsendysregulation eine Rolle. Aus verhaltenstherapeutischer Sicht wirken sich lern- und erfahrungsbasierte Prozesse aus — beispielsweise führen Rückzug und Vermeidungsverhalten zu Verlust positiver Erfahrungen und verstärken depressive Symptome. Dieses integrative Verständnis ist auch Grundlage moderner Behandlungsstrategien.
Die Diagnosestellung beruht auf einer sorgfältigen Anamnese, evtl. standardisierten Fragebögen (z. B. PHQ-9, BDI) und klinischer ärztlicher Untersuchung. Ziel ist die Art und Schwere der depressiven Episode zu bestimmen, Begleiterkrankungen zu erkennen und akute Suizidalität auszuschließen. Zusätzlich zur psychiatrischen Abklärung ist bei neurologisch relevanten Symptomen oder unklarer Symptomatik neurologische Ausschlussdiagnostik sinnvoll: hierzu zählen die körperliche neurologische Untersuchung, Blutuntersuchungen (Schilddrüse, Entzündungs- und Stoffwechselparameter, ggf. Vitamin- und Hormonstatus) und, wenn angezeigt, bildgebende Verfahren wie ein MRT des Gehirns (cMRT), um organische Ursachen (z. B. Raumforderung, Entzündung, strukturelle Läsionen) auszuschließen. Leitlinien empfehlen eine solche abgestufte Diagnostik, je nachdem ob Hinweise auf organische Ursachen vorliegen oder die klinische Lage es erfordert.
Neben medizinischer Therapie können gezielte Alltagsmaßnahmen helfen, Stimmung und Antrieb spürbar zu stabilisieren. Viele dieser Schritte sind wissenschaftlich gut untersucht und werden von Fachgesellschaften wie der DGPPN und internationalen Leitlinien empfohlen. Sie ersetzen keine ärztliche Behandlung, können diese jedoch sinnvoll ergänzen.
1. Regelmäßige körperliche Aktivität
Bewegung wirkt nachweislich stimmungsaufhellend. Bereits 3–4 Einheiten pro Woche à 30 Minuten können helfen (z. B. zügiges Gehen, Radfahren, Schwimmen oder leichtes Krafttraining). Wichtig ist nicht die Intensität, sondern die Regelmäßigkeit.
2. Fester Tagesrhythmus
Ein strukturierter Alltag stabilisiert den biologischen Tag-Nacht-Rhythmus. Empfehlenswert sind:
- feste Schlaf- und Aufstehzeiten
- regelmäßige Mahlzeiten
- klare Tagespläne, besonders für schwierige Tagesphasen
Auch Licht, besonders Morgenlicht, unterstützt den natürlichen Rhythmus.
3. Aufbau angenehmer Aktivitäten
Eine Depression führt oft zu Rückzug und Verlust positiver Erlebnisse. Verhaltenstherapeutisch wird daher empfohlen, ganz bewusst wieder angenehme und sinnstiftende Aktivitäten einzuplanen – auch wenn die Motivation zunächst fehlt. Beispiele: kurze Spaziergänge, Treffen mit vertrauten Menschen, Musik hören, Hobbys reaktivieren oder kleine erreichbare Aufgaben.
4. Soziale Unterstützung nutzen
Gespräche mit Freunden, Angehörigen oder Selbsthilfegruppen können entlasten. Der Austausch mit anderen Betroffenen zeigt, dass man nicht allein ist – ein wichtiger Schutzfaktor in depressiven Phasen.
5. Ergotherapie
Ergotherapie kann helfen, Struktur, Aktivität und Selbstwirksamkeit im Alltag zurückzugewinnen. Sie umfasst u. a. Aktivierung, kreative Tätigkeiten, Förderung praktischer Fähigkeiten und Training alltagsrelevanter Abläufe. Viele Patienten empfinden sie als stabilisierend und motivierend.
6. Professionelle Beratungsangebote
Niedrigschwellige Beratungsstellen können erste Anlaufpunkte sein, wenn Fragen, Überforderung oder Krisen auftreten:
- psychosoziale Beratungsstellen
- Krisendienste
- Erziehungs- und Familienberatung
- Angebote der Krankenkassen
Sie unterstützen auch bei der Organisation weiterer Hilfen.
7. Entspannungsverfahren
Methoden wie progressive Muskelentspannung, Atemübungen, Meditation oder Achtsamkeitstraining können innere Anspannung reduzieren, Schlaf verbessern und Stressverarbeitung erleichtern.
8. Alkohol und Drogen vermeiden
Substanzen verschlechtern die Stimmung langfristig, verstärken Schlafprobleme und können die Wirkung von Medikamenten beeinträchtigen.
Die Therapie richtet sich nach Schweregrad, Vorerkrankungen, Patientenpräferenz und vorausgegangenen Behandlungen. Evidenzbasierte Optionen sind:
- Psychotherapie: Insbesondere kognitive Verhaltenstherapie (KVT) und interpersonelle Therapie sind bei leichten bis mittelgradigen Episoden wirksam und werden häufig als Erstbehandlung empfohlen. Probleme bereiten dabei oft lange Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz. Informationen zur Suche nach einem Behandlungsplatz bekommen Sie u.a. bei Psychotherapiesuche, Psych-Info, der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (Terminservice Stelle) und bei der Bundespsychotherapeutenkammer, dort gibt es auch weiterführende Informationen zu den unterschiedlichen psychotherapeutischen Verfahren und Methoden.
- Medikamentöse Behandlung: Antidepressiva (z. B. SSRI, SNRI, weitere Substanzklassen) sind besonders bei mittelgradigen bis schweren Depressionen oder wenn Psychotherapie allein nicht ausreicht, indiziert. Grundsätzlich handelt es sich bei Antidepressiva um gut verträgliche Medikamente, die für einige Monate regelmäßig eingenommen werden sollten. Die Wahl richtet sich nach Wirksamkeit, Nebenwirkungsprofil und Begleiterkrankungen.
- Somatische Verfahren: Bei schwer zu behandelnden Verläufen kommen zusätzlich Verfahren wie elektrokonvulsive Therapie (EKT, stationär im Krankenhaus) oder moderne nichtinvasive Hirnstimulationsverfahren wie rTMS in Betracht, die in der Praxis durchgeführt werden können.
Erfolgreiche Behandlung erfordert regelmäßige Verlaufskontrollen: Symptom- und Funktionsbewertungen, Nebenwirkungsmonitoring bei Medikation, ggf. Anpassung der Therapie und langfristige Rezidivprophylaxe. Bei schwerer Symptomatik (suizidale Gedanken, schwere Funktionseinschränkung) werden engmaschige Kontrollen und ggf. stationäre Behandlungsoptionen eingebunden. Wichtig ist dabei Einbeziehung der Patienten und ggf. auch der Angehörigen in Therapieentscheidungen.
Gut verständliche Informationen zum Thema Depression bieten die DGPPN mit der Patientenleitlinie und die Deutsche Depressionshilfe.